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Caspar von der Crone

– Geschäftsführer der „Bio Initiative“

1. Wie stellt sich die aktuelle politische Situation dar und wie beurteilen Sie diese?

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Töten männlicher Küken als nicht normalen Vorgang im Rahmen der Ernährungswirtschaft betrachtet und das systematische Töten als nicht vereinbar mit dem Grundgedanken des Tierschutzgesetzes dargestellt. Es muss daher nach Lösungsansätzen gesucht werden, die Möglichkeiten für das Aussetzen bieten. Deshalb hat die zuständige Ministerin, Frau Julia Klöckner die Initiative ergriffen, Wirtschaftsbeteiligte einzuladen, um nach entsprechenden Ansätzen zu suchen, und sie hat den schrittweisen Ausstieg zum 31. Dezember 2021 als Ziel gesetzt. Das entspricht auch den Vorgaben des Koalitionsvertrages, der ebenfalls einen Ausstieg zum Inhalt hat.

2. Wie bewerten Sie die verschiedenen Verfahren zur Früherkennung des Kükengeschlechts?

Es gibt derzeit unterschiedliche Verfahren der embryonalen Früherkennung. Details dazu finden Sie in dem wissenschaftlichen Gutachten, das als Anlage beigefügt ist. Am besten geeignet scheint die endokrinologische Methode (Hormonanalyse) zu sein, die am neunten Tag zeigt, ob es sich um ein männliches oder weibliches Küken handelt. Die Ramanmessung ermöglicht bereits am 3. Tag eine sehr frühe Geschlechtserkennung. Diese Methode ist allerdings noch nicht praxisreif und deshalb nicht anwendbar. Die Hyperspektalanalyse ermöglicht am 13. Tag eine Geschlechtsbestimmung, jedoch nur bei Braunlegern und ist aus meiner Sicht alles andere als zielführend. Sowohl die Hormonanalyse aber insbesondere die Hyperspektralanalyse stehen in der Kritik der Tierschutzorganisationen und können allenfalls eine befristete Übergangslösung darstellen.

3. Stellen diese Verfahren – sobald sie marktreif sind – eine Alternative zur Bruderhahnaufzucht für Sie da?

Zu den gegenwärtigen Verfahren stellt natürlich eine Bruderhahnaufzucht eine sinnvolle Alternative dar. Allerdings bedarf es einer Differenzierung zwischen konventioneller und ökologischer Haltung. Die Aufzucht von männlichen Tieren ist im Bereich der konventionellen Produktion zu teuer und auch von den gegenwärtigen Mastkapazitäten her betrachtet, kaum umsetzbar.

4. Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile der Bruderhahn-Aufzucht oder der Haltung von Zweitnutzungshühnern im Vergleich zu den Verfahren zur Früherkennung des Kükengeschlechts?

Die Vorteile der sogenannten Zweinutzungshühner besteht darin, dass sowohl eine Eier- als auch Fleischproduktion stattfindet. Die Nachteile sind jedoch in der mangelnden Produktivität zu betrachten. Außerdem gibt es derzeit keine ausreichenden Tierkapazitäten. Es geht auch darum, für Verbraucher preiswerte Nahrungsmittel anzubieten. Sowohl die Eier als auch das Fleisch ist produktionskostenbedingt teurer, so dass Zweinutzungstiere nach dem gegenwärtigen Stand allenfalls eine Nischenlösung darstellen.

5. Wie viel Prozent der männlichen Küken werden aktuell im Rahmen Ihres Konzepts zu Bruderhähnen aufgezogen?

Im Bereich der Bio-Initiative besteht bereits seit Anfang 2019 das gänzliche Verbot des Tötens männlicher Tiere. Sämtliche Küken müssen aufgezogen werden, und es gibt klare Vorgaben über die Aufzucht, d. h. mindestens 91 Tage Aufzucht bzw. 1,6 kg pro Tier damit eine sinnvolle Verwertung stattfindet. Eine geringere Aufzuchtdauer wird als nicht zielführend betrachtet. Die Tiere können dann kaum einer wirtschaftlich sinnvollen Verwertung zugeführt werden. Es gibt Infos aus anderen Ländern über Qualaufzuchten, um die Kosten in Grenzen zu halten, was verwerflich ist und auf keinen Fall dem Tierschutzgedanken gerecht wird. Grundsätzlich sollte im ökologischen Bereich die Aufzucht von männlichen Küken Vorgabe sein, da es gegenüber dem konventionellen Bereich eine andere Erwartungshaltung der Verbraucher gibt. Die embryonale Früherkennung ist mit Problemen verbunden, denn neben der späten Geschlechtsbestimmung am 9. Tag gibt es eine relative hohe Quote der Nichterkennung, die inoffiziell bis zu 10 % betragen kann. Das ist schwer zu vermitteln.

6. An welchen Standards orientieren Sie sich bei der Aufzucht der männlichen Küken?

Die Standards bei der Aufzucht der männlichen Tiere sind in der neuen Ökoverordnung, die ab 2021 gilt, nur ansatzweise wiedergegeben d. h. 21 kg/Quadratmeter Nutzfläche und einen Auslauf von 1 m² pro Tier ab dem zehnten Tag. Weitere Vorgaben für die Aufzucht männlicher Tiere gibt es bisher nicht, deshalb hat die Bio-Initiative eigene Standards entwickelt.

7. Wie stehen Sie zu dem „Vorwurf“, die Aufzucht der Hähne sei Ressourcenverschwendung und nicht nachhaltig?

Ressourcenverschwendung und nicht nachhaltig sind ein völlig falscher Ansatz. Dafür gibt es viele Beispiele, wie Poulet de Bresse oder Kapaune mit 12-wöchiger Aufzucht. Im ökologischen Bereich ist zudem die Aufzucht/Mast mit langsam wachsenden Rassen Vorgabe. Das wäre dann auch Ressourcenverschwendung, denn der Futterbedarf ist wesentlich höher als bei der sog. Kurzmast im konventionellen Bereich. Letztendlich gilt das für die gesamte tierische Veredlung, insbesondere bei Rindern.

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